Der Frauenverein Männedorf berichtet
Wüsse und Gnüsse: Surprise-Führung durch Zürich
Sandra Brühlmann, unsere Surprise-Stadtführerin, erwartet uns bereits, als unsere Frauengruppe am Haupteingang der Kirche St. Jakob eintrifft. Während den nächsten zwei Stunden wird sie uns die Stadt Zürich von einer für uns unbekannten Seite zeigen. Sandra wird uns dabei auch ihre eigene Geschichte erzählen – wie sie zeitlebens mit Armut konfrontiert war und selber aufgrund einer Sucht und psychischen Erkrankung in die Abwärtsspirale geraten ist. Sandra wünscht sich, dass die Menschen hinschauen und andere Menschen – auch solche mit Suchtproblemen – mit Würde behandeln. Nicht zuletzt deshalb bietet sie zusammen mit ihrem Team die Stadtführungen an.
Wir beginnen beim «Haus der Stauffacherin», einer Wohngemeinschaft für Frauen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Hier begegnen sich Frauen unterschiedlichen Alters, verschiedenster Kulturen und Herkunft. Vorbei an der Tramhaltestelle Stauffacher gelangen wir am Schanzengraben zum Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen, einem Angebot der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Unser letzter Halt gilt dem «Suneboge»: In diesem Haus erhalten seit bald 50 Jahren psychisch beeinträchtigte Menschen einen Raum zum Wohnen und einen geschützten Arbeitsplatz.
Unser Rundgang erzählt gleichzeitig auch Sandras Lebensgeschichte. Selber kam sie früh mit Alkohol in Berührung, sie erlebte Gewalt – sowohl psychische als auch physische. Ein angespanntes Arbeitsverhältnis und ein soziales Umfeld, das ihr in dieser schwierigen Situation keinen Halt geben konnte, lösten bei ihr eine schwere Depression aus, gefolgt von einer Psychose wegen einer ärztlichen Fehlmedikation. Sandra verlor ihre Wohnung und landete auf der Strasse.
Vor einigen Jahren schaffte sie den Weg aus der Obdachlosigkeit in eine geregelte Alltagsstruktur. Ihr grosser Wille und die Unterstützung von verschiedenen sozialen Einrichtungen halfen ihr auf ihrem Weg in eine suchtfreie Zukunft.
Cecile Rogers